Theorie: Von Zäpfchen bis CIE-Normvalenzsystemen

Farbräume, Farbmodelle oder Farbvalenzsysteme: Sie beschreiben den Zusammenhang zwischen subjektiv wahrgenommener Farbe und objektiv messbarer Spektralverteilung des Lichts.

Farben existieren in gewisser Hinsicht gar nicht, sondern unser Gehirn bastelt sich aus einem kleinen Wellenbereich des Lichts einen Eindruck von Farbe, Helligkeit und Sättigung. Den Zusammenhang zwischen der Spektralverteilung des Lichts und der wahrgenommenen Farbe beschreiben die Farbmodelle, auch Farbräume oder Farbvalenzsysteme genannt.

Wie wir das Sehen beschreiben

Das Auge nimmt Licht mit drei S, M und L genannten Zapfen wahr. Ihre Arbeitsweise führt zu einigen komplizierenden Effekten:

Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia
  • Licht einer Wellenlänge (monochromatisches Licht, die Spektralfarben) reicht nicht aus, um alle wahrgenommenen Farben darzustellen, sondern einige Farbeindrücke wie Braun oder Purpur entstehen erst durch das Mischen verschiedener Wellenlängen.
  • Zweitens lässt sich eine Farbe durch mehrere verschiedene Spektralverteilungen ausdrücken, die wir nicht voneinander unterscheiden können (Metamerie). Beispielsweise meldet in obigem Bild das L-Zäpfchen für Licht der Wellenlängen A und B das Gleiche. Erst diese Eigenschaft ermöglicht überhaupt Monitoren und Druckern (und Malern und Textilfärbern und und und …), Mischfarben aus einem Stock von Grundfarben zu erzeugen.
  • Schließlich lässt sich kein gleichmäßiger oder harmonisch empfundener Abstand zwischen Farben über die Wellenlänge oder Spektralverteilung modellieren, sondern das erfordert ein dreidimensionales, empfindungsorientiertes Farbmodell. Das erste Modell dieser Art erschuf 1810 Philipp Otto Runge.

Inzwischen existieren mehrere Farbräume, die sich entweder an der Farbwahrnehmung oder Farbreproduktion orientieren. Sie alle beschreiben die Gesamtheit der wahrnehmbaren Farben und lassen sich einigermaßen verlustfrei ineinander umrechnen. Der physiologisch nächstliegende ist der LMS-Farbraum, der die Reizung der drei Zapfen als Bezugswerte nimmt. Ein weiterer physiologischer Farbraum ist L*a*b, der die Zusammenschaltung der Zapfen berücksichtigt und mit den Bezugswerten Helligkeit, Grün+Rot-Wert, Blau+Gelb-Wert arbeitet. Noch näher an der Farbwahrnehmung arbeitet der HSV-Farbraum mit den Bezugswerten Farbton (Hue), Sättigung (Saturation) und Hellwert (Value).

Mit der Reproduktion von Farben durch Mischen von mindestens drei Grundfarben beschäftigen sich die RGB- (additive Mischung aus Rot, Grün und Blau v.a. bei Monitoren) und CMYK-Räume (subtraktive Mischung aus mindestens Cyan, Magenta und Yellow v.a. bei Druckern). Weitere Farbmodelle samt Anwendung sind hier aufgeführt.

Ausschnitt der Runge-Farbkugel, Quelle: Wikipedia
Ausschnitt der Runge-Farbkugel, Quelle: Wikipedia

CIE-Normvalenzsystem

Für viele Anwendungen, darunter auch die Profilierung von Monitoren, hat sich das CIE-Normvalenzsystem mit seinem charakteristischen Hufeisen- oder Schuhsolendiagramm durchgesetzt. Es ist eine Weiterentwicklung des LMS-Farbraums und beruht auf geglätteten Absorptionskurven der Zapfen. Damit nutzt es zwar nicht existierende, virtuelle Zapfen, aber das ist insofern egal, als dass jedes Farbmodell aus drei (hinreichend geschickt gewählten) Größen in der Lage ist, alle wahrnehmbaren Farben abzubilden.

Quelle: Wikipedia
Quelle: Wikipedia

Der Trick dieses Systems besteht darin, die Gerade mit den Wellenlängen und Spektralfarben so zu krümmen, dass dazwischen die Mischfarben entstehen. Die Form der Krümmung ergibt sich einerseits aus experimentellen Untersuchungen unserer Farbwahrnehmung und andererseits aus der Festlegung der drei idealisierten Absorptionskurven. Man findet im Hufeisen alle wahrnehmbaren Farbtöne, wenn auch nicht in allen Helligkeiten – das ist die dritte, in der Projektion fehlende Dimension.

Achtung aber: Kein Monitor und kein Drucker (und damit kein Buch) ist in der Lage, alle wahrnehmbaren Farben tatsächlich darzustellen. Das obige Bild zeigt daher nur ungefähr innerhalb des eingezeichneten Dreiecks die korrekten Farben, das weitere Ansteigen der Sättigung bis zum Hufeisenrand muss man sich dazu denken. Oftmals fehlt die Farbfüllung daher bei diesen Diagrammen ganz, damit gar nicht erst falsche Vorstellungen entstehen.

Die Krümmung ist ein rein mathematisches Konstrukt. Die Fläche unterhalb der Geraden (Purpurgerade genannt) enthält in gewisser Hinsicht vom Menschen nicht wahrnehmbare Spektralverteilungen, doch die Fläche außerhalb der Kurve hat keine physikalische Entsprechung. Farbtöne sind Punkte mit zwei Koordinaten von 0 bis 1, beispielsweise ist 0,7/0,28 ein starkes Rot. Rein rechnerisch sind auch Farben außerhalb des Hufeisens möglich, und tatsächlich benutzt man diese sozusagen imaginären Farben für einige Zwecke.

Farbräume vorstellbar

Ein Vorteil der CIE-Darstellung ist, dass man sich die Farbräume von Monitoren als Dreieck vorstellen kann, das aus dem stärksten darstellbaren Rot, Grün und Blau aufgespannt wird. Druckerfarbräume sind Vielecke mit unter anderem den Druckfarben als Ecken. Weil die Helligkeit dabei keine Beachtung findet, stimmt diese Vereinfachung nicht so ganz, aber das Dreieck reicht für ein Verständnis von Farbräumen aus.

Quelle: c't
Quelle: c’t

Rechts sind einige Farbräume als Dreieck eingezeichnet. Das schwarze ist sRGB – recht klein. Herkömmliche Monitore (blau) zeigen besonders im Grün etwas weniger Farben an, normale Notebooks (grün) sind in allen Grundfarben deutlich eingeschränkt.

Viel kräftiger sind die neuen Wide-Gamut- (orange) und RGB-Backlight-Panels (rot). Sie zeigen weit mehr Farben, als man mit sRGB darstellen könnte, sodass man einen größeren Farbraum benötigt, beispielsweise AdobeRGB (grau). Nicht eingezeichnet: Moderne Drucker können auch mehr als sRGB, vor allem im Cyan und Gelb. AdobeRGB deckt diese Farben ab, die farbstarken Monitore können sie fast komplett darstellen. Eine Beschreibung einiger Arbeitsräume gibt es hier, etwa ausführlicher mit Diagrammen und Listen der Eckkoordinaten hier.

Wer mag: noch mehr Details

Die Zapfen sind nicht gleichmäßig auf der Netzhaut verteilt, sondern nehmen zum Rand ab. Die CIE-Kurve gilt daher streng genommen nur für einen bestimmten Blickwinkel, und zwar 2°. Schon die 10°-Kurve würde deutlich abweichen. Die Untersuchungen stammen aus den Jahren 1928 und 1931 und gelten daher als recht fehlerbehaftet, was aber für die Praxis keine Rolle spielt. Neben den Zapfen haben wir auch Stäbchen auf der Netzhaut, die für das Sehen im Dunkeln (unter 0,1 cd/m²) zuständig sind. Da alle Stäbchen den gleichen Absorptionsbereich (etwa bei blaugrün) haben, können wir damit keine Farben erkennen.

Es gibt verschiedene Farbfehlsichtigkeiten, die auf Defekte der Zapfen zurückzuführen sind, darunter die Rot-Grün-Sehschwäche (hier eine Simulation), bei der L- und M-Zapfen den gleichen Reiz weitergeben oder eine Art ganz fehlt. Umgangssprachlich nennt man das Farbblindheit, obwohl es auch den sehr seltenen Fall gibt, dass wirklich alle drei Zapfentypen fehlen. Es gibt Hinweise, dass einige wenige Menschen vier Zapfentypen haben und dadurch mehr Farben unterscheiden können.

Ob und wie Tiere Farben wahrnehmen, liegt außerhalb unserer Vorstellungskraft. Bekannt ist nur, wie viele Zapfentypen mit welchen Absorptionsbereichen sie haben, und es gibt viele Experimente dazu, wie sie auf verschiedene Farben reagieren. Einige Tiere zeigen dabei durchaus ein Verhalten, dass sich durch eine Farbwahrnehmung erklären lässt.

Hunde dürften ähnlich sehen wie Rot-Grün-Blinde

Vögel und fast alle Fische haben vier Zapfentypen, die sowohl einen größeren Wellenlängenbereich als unsere abdecken, als auch die Unterscheidung von mehr Farben erlauben. Zu den Rekordhaltern gehören wohl die Fangschreckenkrebse mit bis zu 12 Zapfentypen, und auf der anderen Seite einige Fischarten ganz ohne Zapfen, die per Stäbchen nur Helligkeitsstufen erkennen können. Hunde haben übrigens wie Mäuse zwei Zapfentypen für Blau und Grün, dürften also eine ähnliche Farbvielfalt wie Rot-Grün-Blinde auseinander halten können.

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