Rauschverhalten: Smartphones gegen Fuji

Die Sensoren der Smartphones-Kameras rauschen immer weniger. Um zu sehen, wie gut sich die Spitzen-Smartphones inzwischen schlagen, habe ich sie 2015 einem Rauschtest unterzogen und mit meiner Systemkamera Fuji X-E1 verglichen. Die war da schon zwei Jahre alt – und ihr Vorsprung schrumpft.

Mein Vergleich der Kameras beleuchtet nur den einen Aspekt, wie sie bei schlechtem Licht rauschen. Ich halte das für die wichtigste Eigenschaft der Smartphone-Kameras, weil er direkte Rückschlüsse auf die Sensorqualität erlaubt und offenbar am schwersten in den Griff zu bekommen ist. Rauscht eine Kamera wenig, dürften auch alle anderen Eigenschaften ordentlich sein. Auch entscheidet das Rauschverhalten, in welchen Situationen ein Smartphone als Kamera-Ersatz brauchbar ist.


Apple iPhone 6, Samsung Galaxy Note 4, Sony Xperia Z3, Panasonic Lumix DMC-CM1

In viele andere Eigenschaften hingegen sind die Unterschiede zwischen Smartphone und Systemkamera klar: Smartphones haben keinen optischen Zoom, keine Wechselobjektive, keinen Blitzschuh – das allerbeste Smartphone schneidet hierbei kein bisschen besser ab als das schlechteste. Andererseits wiegen sie alle weniger als Kameras, können Fotos per Internet verschicken oder direkt in Lightroom pumpen. Bei gutem Licht schießen alle ganz gute Fotos, doch bei schlechtem Licht versagen einige Smartphones, andere liefern weiterhin brauchbare Ergebnisse – aufs Rauschverhalten kommts an.

Mir standen einige Smartphones leihweise zur Verfügung, darunter die Spitzenmodelle aus Anfang 2015: Apple iPhone 6, Samsung Galaxy Note 4, Sony Xperia Z3 sowie das spezielle Kamera-Handy Panasonic Lumix DMC-CM1. Ich habe sie vorwiegend im Automatikmodus getestet, weil die meisten Handys keine manuelle Einstellung von ISO-Zahl, Brennweite, Belichtungszeit und Blende erlauben. Wenn möglich, habe ich Raws statt JPGs geschossen. Verglichen habe ich das mit meiner spiegellosen Systemkamera Fuji X-E1. Weil die Smartphones keinen optischen Zoom haben, mache ich es noch schwerer: Ich schaue mir weniger das gesamte Bild an, sondern einen Ausschnitt.

Den gleichen Test habe ich schließlich mit einer Reihe günstigerer und älterer Smartphones und Tablets durchgeführt: Apple iPhone 5, OnePlus One, Apple iPad Mini Retina, und das fünf Jahre alte Dell Streak 5. Im Vergleich wird deutlich, wie stark sich die Sensoren über die Jahre verbessert haben.

[Update 9.9.2016] Inzwischen ist mir auch das Samsung Galaxy Note 7 in die Hände gefallen und ich konnte es dem Rauschtest unterziehen. [/Update]

Smartphones gegen Systemkamera

Smartphones im Vergleich

Zuerst habe ich die Smartphones anhand dieses Ausschnitts miteiander vergleichen. Hier seht ihr 357 × 357 Pixel große 1:1-Ausschnitte. Bei einem 10-MPixel-Bild entspricht das etwa einem 12x-Zoom – ganz schön anspruchsvoll! Da die Sensoren unterschiedliche Auflösungen haben, ist der Bildausschnitt unterschiedlich. Das hier sind die Top-Kameras, Samsung Galaxy Note 4, Sony Xperia Z3 und (mit etwas Abstand) Apple iPhone 6.

Note4 und Z3 liefern ungefähr die gleiche Performance, wobei das Z3 schöner belichtet und einen kühleren, mir angenehmeren Weißabgleich findet. Das Note4 zeigt durch die höhere Auflösung mehr Details und bringt mir zu warme Farben. Das iPhone 6 fällt da schon deutlich ab, weniger Details, mehr Rauschen, etwas dunkel belichtet. Aber noch ganz schön. Auf ähnlichem Niveau dürften ein paar von mir nicht getestete Kameras liegen: iPhone 6+, Samsung Galaxy S5. Das Galaxy S6 dürfte sogar nochmals einen drauf legen.

Besser als diese Spitzenklasse knipsen nur Spezial-Smartphones mit größerem Sensor und ausfahrbarem Objektiv, hier das Panasonic Lumix DMC-CM1 mit wenig Rauschen, guter Belichtung und vielen Details. Leider eignet es sich aufgrund der Größe nur bedingt als Smartphone.

Das Google Motorola Nexus 6 zählt zwar zu den Top-Smartphones, seine Kamera schneidet aber eine Klasse schlechter ab. Nur wer Lust hat, sie auf Raw-Fotos umzustellen und am Rechner nachzubearbeiten, erzielt eine Qualität ähnlich der Spitzenklasse:

Noch drei Smartphones, damit ihr besser einschätzen könnt, um welche Qualitätsunterschiede es hier geht: Das linke Foto stammt vom Mittelklasse-Smartphone OnePlus One mit überraschend guter Kamera; ähnlich dürfte das ältere Sony Xperia Z2 abschneiden, doch die meisten anderen Mittelklasse-Handys sind schlechter. In der Mitte das Apple iPhone 5, dessen Kamera beim Erscheinen 2012 als eine der besten galt. Rechts das Dell Streak 5, dessen Kamera schon im Erscheinungsjahr 2010 bestenfalls mittelmäßig war.

In Superbillig-Handys könntet ihr Kameras finden, die so schlecht sind wie die des Dells. Ab der Mittelklasse aufwärts dürft ihr deutlich bessere Kameras erwarten bis zum iPhone-5-Niveau oder besser. Gute schaffen OnePlus-Qualität – und die obige Spitzengruppe liegt drüber. Weitere Details zu den Smartphone-Messungen – vor allem viel zur Raw-Fähigkeit – findet ihr weiter unten in den nächsten Kapiteln.

Vergleich mit Crop-Kamera Fuji X-E1

Die Vergleichsbilder mit meiner Fuji X-E1 fallen auf den ersten Blick zwar besser aus als die der Smartphones, aber nicht so viel besser. Hier die 1:1-Ausschnitte mit ISO800, 1600 und 6400:

Mit ISO6400 ist der Crop-Sensor noch besser als das Note4 mit ISO800, mit ISO1600 ist er besser als das Lumix-Smartphone bei ISO400, mit ISO800 ist er besser als alles, was in Smartphones derzeit geht.

Und nicht vergessen: Die X-E1 ist von 2012, als die Smartphone-Spitzenklasse obiges iPhone 5 war. Seit 2013 gibt es den Nachfolger X-E2, 2014 kam die X-T1, vor kurzem die X-T10 – alle mit modernerem Sensor. Als Objektiv war das Kit 18-55/f2,8-4 R LM OIS drauf, auch das lässt noch Luft nach oben. Womit wir beim Hauptvorteil sind, den Wechselobjektiven. Obiges Foto ist mit 18mm geschossen, und hier drei weitere: Links mit gleichem Objektiv auf 55mm, in der Mitte das 35mm/f1,4, rechts 200mm mit dem 55-200/3,5-4,8R LM OIS.

Der Vollständigkeit halber noch das ISO800-Foto wie in den Smartphone-Artikeln rechts als Ganzes und der gleiche Ausschnitt wie bei den Smartphones. Interessanterweise saufen vor allem die dunklen Bereiche mehr ab als bei manchem Smartphone.

Fazit

Die 2014er-Spitzensmartphones schneiden hammergut ab. Die Winz-Sensoren leisten schier Unglaubliches. Das sieht hier zwar alles verrauscht aus, aber immerhin sind das 1:1-Ausschnitte von Fotos bei Nacht von einem Raum, der nur von ein paar Glühbirnen erleuchtet wird. Diese Stelle in der Küche war beispielsweise so dunkel, dass man da kaum lesen könnte.


Die Fuji X-E1 ist den Handys überlegen, wenn hohe ISO-Zahlen und Brennweiten jenseits 20mm gefragt sind

Will man die Fotos im Ganzen benutzen, geht das bei den Smartphones bis hinab zum OnePlus One gut. Bei den Spitzen-Smartphones sind sogar die Ausschnitte nutzbar. Vom Rauschverhalten liegt das Samsung Note 4 hier knapp an der Spitze, vom Gesamteindruck das Sony Z3. Beide werden vom Spezialisten Panasonic Lumix überholt, doch dem mangelt es an Praxistauglichkeit – und selbst er bleibt in praktisch genau so vielen Aspekten hinter einer echten Kamera zurück wie die anderen Smartphones.

Die zwei Jahre alte Fuji X-E1 ist den Smartphones hauptsächlich noch dann überlegen, wenn hohe ISO-Zahlen und Brennweiten jenseits der etwa 20mm gefragt sind – oder, was hier nicht getestet ist, eine große Offenblende für Spiele mit Tiefenunschärfe. Künftige Smartphones werden noch weniger rauschen, aber die gleiche Sensortechnik wird auch in den Kameras zum Einsatz kommen, sodass diese immer ein besseres Rauschverhalten haben werden. Vielleicht wird es auch mal Smartphones mit brauchbaren optischen Zooms geben, und die werden den Vorsprung der Systemkameras weiter schrumpfen lassen. Für Smartphone-Fotografen lohnt sich vor allem die Anschaffung von Kompaktkameras und Superzoomern immer weniger. Für größere Kameras mit Wechselobjektiven (und Blitzschuh und Stativgewinde und und und…) werden immer genügend Einsatzgebiete bleiben, doch in immer mehr Situationen reicht das Smartphone.

Rauschverhalten der Panasonic Lumix DMC-CM1

Hier folgen jetzt die detaillierteren Ergebnisse der Rauschtests, zuerst vom speziellen Foto-Smartphone Lumix.

Im Büro haben wir das Panasonic Lumix DMC-CM1 getestet, eine Art Mischung aus Smartphone und Kompaktkamera. Das ausladende Objektiv ragt über einen Zentimeter aus dem Gehäuse, doch es birgt keinen optischen Zoom, sondern muss alleine für den vergleichsweise großen Sensor so fett sein. Den daher für Smartphone-Verhältnisse extrem rauscharmen Sensor inklusive Raw-Möglichkeit habe ich mir näher angeschaut. Einen kurzen Test des DMC-CM1 haben wir hier in c’t 5/15 gebracht.

Die Kamera-App nimmt wahlweise Raw-Fotos auf. Sie lässt sich ähnlich bedienen wie eine bessere Kompaktkamera. Beispielsweise wählt man zwischen Blenden- und Zeitautomatik und zwirbelt die Empfindlichkeit manuell bis ISO12800. Zum Einheizen mal ein Schuss der Vollautomatik mit ISO1600. Wenn ihr auf die Fotos klickt, bekommt ihr sie in maximaler Auflösung (Details dazu unten). Dadrunter Und mit ISO400 (niedrigere ISO-Zahlen sind verwackelt):

Schon mit ISO1600 schießt das Ding rauschärmere Fotos als andere Handys mit geringerer Empfindlichkeit. Mit ISO400 wird es allerdings kaum besser. Und dank gutem Objektiv hat man auch was von den 16,7 MP. So viele Details habe ich noch mit keinem Handy gesehen.

Raws und andere ISO-Werte

Raws! Wie geil! Ich kann den Weißpunkt einstellen und selbst in Lightroom entrauschen und nachschärfen nach eigenem Geschmack. Es kommen RW2-Files mit 18,9 MByte heraus, die Lightroom ohne Murren entwickelt. Die Kamera-App ist schnell umgestellt, und auch Raw+Jpg ist möglich.

Ein Blick aufs Raw zeigt, dass der Sensor doch ganz schön rauscht bei ISO1600. In der zweiten Reihe das gleiche Foto mit Lightroom-Entrauschen und korrigiertem Weißpunkt:

Mit ISO200 musste ich auf ein anderes, etwas helleres Motiv ausweichen. Das Rauschen war weg, hier das Bild ohne Lightroom-Entrauscher. Der Hammer daran ist, dass die Vergrößerung immer noch 2 MP hat. Reduziert man ihn auf die ca. 0,7 MP der Fotos unten, steigt die Qualität nochmals an. Dadrunter zum Abschluss noch ISO6400 und 12800. Furchtbar verrauscht, aber nicht schlechter als andere Smartphone-Kameras. So sind kürzere Verschlusszeiten von 1/100s und 1/200s möglich.

Das Lumix-Smartphone hat schon die beste Kamera, die mir in Telefonen bisher unter die Finger gekommen. Leider eignet sich das Lumix DMC-CM1 als Smartphone nicht so gut, weil es einfach zu klobig, zu schwer und zu dick ist. Im Alltag will ich das nicht mitschleppen. Es nur in Situationen wie Urlauben, Veranstaltungen oder Feten mitnehmen, wo mir gute Fotos wichtig wären? Dann müsste ich ja noch ein zweites Smartphone kaufen, das wäre mir zu teuer. Schade eigentlich, aber ich bin mal auf einen Nachfolger gespannt…

Rauschverhalten der Spitzen-Smartphones von Apple, Google, Samsung und Sony

Die Smartphone-Spitzenreiter im Frühjahr 2015: Das Samsung Galaxy Note 4 rauscht am wenigsten, das Sony Xperia Z3 belichtet am schönsten, aber auch das Google Nexus 6 und das Apple iPhone 6 haben gute Kameras. Noch nicht im Test: iPhone 6+, Galaxy S5 und die Neulinge wie Xperia Z3+, Galaxy S6.

Apple iPhone 6, Samsung Galaxy Note 4, Sony Xperia Z3

Bisher zählten die Apple-Kameras immer zu den besten. Das iPhone 6 schlägt sich gut: Es belichtet dunkler als manch anderes und kommt daher mit ISO400 aus. Da ist aber noch Luft nach oben.

Das Note 4 belichtet etwas heller und braucht daher ISO800. Doch die hohe Auflösung führt zu sehr detailreichen und dann vergleichsweise rauscharmen Fotos.

Die schönste Belichtung, die am wenigsten abgesoffenen Schatten (siehe Stühle rechts), der angenehmste Weißabgleich. Benötigt daher ISO1000, dennoch trotz recht starkem Rauschen viele Details. Zuerst der Modus mit reduzierter Pixelzahl, dann mit vollen 20 MP (bzw. 15,5 in 16:9) des Sensors und mit ISO400. Nicht viel besser, nur größer.

Google Nexus 6

Belichtet dunkel, braucht trotzdem ISO541, rauscht deutlich. Mir kommen die Fotos allesamt verwackelt vor, aber besser habe ich es in den ersten beiden Fotos nicht hinbekommen. Danach mit einer anderen App, die auch Raw-Fotos aufnimmt, erzielte ich bessere Ergebnisse; vielleicht war auch meine Hand ruhiger. Erstmal ein Jpg bei ISO773 mit etwas mehr Details, aber ganz schön blubberig entrauscht von der Kamera. In der dritten Zeile ein Raw bei ISO496. Lightroom entwickelt das Dng äußerst hell mit fiesem Rauschen, aber vielen Details. Schließlich mit Lightroom verbessert, also entrauscht, Schärfe justiert, Helligkeit reduziert:

Rauschverhalten der zweiten Riege und dahinter

Hier noch ein paar ältere oder günstigere Modelle, die teils überraschend gut, teils aber auch erschreckend schlecht sind. Grob nach Qualität sortiert.

OnePlus One: Ganz schöne Belichtung, doch bei ISO800 fettes Rauschen, JPGs wirken nachgeschärft. Trotzdem überraschend gut für den günstigen Gerätepreis.

Huawei Ascend G7: Belichtet deutlich dunkler, braucht aber trotz f2 noch ISO900 und rauscht entsprechend. Die etwas höhere Auflösung bringt nix.

Apple iPhone 5 (von Astrid): Rauscht bei ISO800 heftig, bringt aber scharfe Fotos mit vielen Details.

Samsung/Google Galaxy Nexus (im Büro gefunden): Gar nicht mal schlecht, beschränkt sich auf ISO320. Schade, dass es sonst nicht mehr auf der Höhe der Zeit ist. Interessant: Obwohl die Auflösung geringer ist als beim Note2 (3,8 statt 6 MP), haben beide Crops ungefähr die gleiche Auflösung. Das liegt daran, dass alle anderen Kameras weitwinkeliger sind als die des Galaxy Nexus.

Samsung Galaxy Note 2 (mein privates): Rauscht wie Hulle, will aber auch ISO1250 einstellen. Zuerst hatte ich einen falschen Kameratreiber im Verdacht – es läuft gerootet unter dem CustomROM CyanogenMod 11. Doch ein Vergleich mit Fotos, die ich vor dem Aufspielen von CM11 gemacht habe, zeigt, dass das Ding auch mit der Original-Software fett rauscht. Hmm, da muss ich mir vor dem nächsten Urlaub wohl noch ein neues Smartphone kaufen…

Apple iPad Mini 2 Retina (privat): Rauscht bei ISO640 am schlimmsten von allen. Allerdings haben Tablets generell schlechtere Kameras als Smartphones. Mein uraltes iPad (1) teste ich mal lieber gar nicht erst.

Dell Streak 5: Welchen Fortschritt die Smartphone-Sensoren gemacht haben, zeigt ein Vergleich mit dem Streak 5 von 2010. Von dieser grausigen Qualität sind wir glücklicherweise Klassen entfernt.

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